Obwohl ich mit meinem Hotel ausgesprochen zufrieden gewesen war, war es das einzige Hotel meiner gesamten Reise ohne Frühstück. Das ist normalerweise nicht schlimm, nur von allen Restaurants im Umfeld, die früh genug öffneten und Frühstück anboten, waren die Kritiken im Internet vernichtend schlecht. Schließlich stieß ich bei meiner Recherche am Vorabend am Ortsrand von Vicksburg auf ein ganz kleines hochgelobtes Restaurant, den Klondike Trading Post.
Es waren das Gebäude und die Räume einer ehemaligen Tankstelle, die hier umgebaut worden waren. Die Einrichtung war mindestens aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, aber das Frühstück war sehr gut und die Bedienung freundlich und mir hat es dort gefallen.
Gestärkt machte ich mich dann auf meine heutige Tour, die weitgehend auf dem Highway 61 stattfinden sollte. Den gleichnamigen Song von Bob Dylan mit dem reichlich gruseligen Text hatte ich mir bereits am Vorabend angehört, so dass ich auf dieser Fahrt ausschließlich Radio gehört habe. Dass hier jede zweite Station Country-Musik spielt, kam mir natürlich sehr entgegen.
Ich folgte heute dem Stück des Highway 61, das auch Paul Theroux in seinem Buch ‚Deep South‘ (hier ein Bericht auf deutsch zu ‚Tief im Süden‘) beschreibt. Auf dieser Reise war er teilweise mit seinem Freund und Fotografen Steve McCurry zusammen, den viele indirekt kennen, die schon einmal über das Titelbild des National Geographic mit dem afghanischen Mädchen gestolpert sind.
Was mir kurz hinter Vicksburg zunehmend auffällt, ist eine Unmenge von Schildern am Straßenrand mit der Aufschrift #FinishThePumps, die ich mir erst nicht erklären konnte. Eine spätere Recherche förderte zutage, dass das Mississippidelta regelmäßig überflutet wird und diese Überflutungen zunehmen. Deshalb der zunehmende Ruf, ein altes Projekt wieder fortzuführen, wobei die überfluteten Gebietet mit Pumpen wieder getrocknet werden sollen.
Und wenig später sah ich sie dann zum ersten Mal, die Baumwollfelder des Südens. Mir ging durch den Kopf, wie hier noch in den fünfziger Jahren die schwarze Bevölkerung die Baumwolle mit der Hand für ganz geringen Lohn geerntet hat. Und wie dann ab den sechziger Jahren zunehmend automatische Pflückmaschinen zum Einsatz kamen und den Arbeitern dieses minimale Einkommen auch noch entzogen wurde.
Auf der weiteren Fahrt sah ich aber auch zunehmend Baumwollfelder, die verwelkten und nicht abgeerntet wurden und ich hielt an, um mir das einmal aus der Nähe anzuschauen. Die Baumwolle, die sonst strahlend sauber wie gepresste Watte in gut walnussgroßen Kapseln sitzt, war hier verschmutzt und durchnässt. Wem diese riesigen und nicht abgeernteten Felder wohl gehören? Ob hier und jetzt die maschinelle Ernte durch Billigimporte von Baumwolle so in Bedrängnis gerät wie seinerzeit die manuelle Ernte?
Bald erreichte ich dann aber auch wieder einen BluesTrail-Haltepunkt, denn der Highway 61 und ein Teil der seitlichen Straßen wurde mit Markierungen versehen, die Zusammenhänge der Bluesmusik, die ja hier im Mississippidelta entstanden ist, aufzeigen. In diesem Falle ist es in Rolling Fork das Geburtshaus von Muddy Waters.
Wenig später schon stieß ich auf das Grammy-Museum Mississippi in Cleveland (ein Ableger des Grammy-Museums in Los Angeles). Es stellt unter anderem alle verliehenen Grammy Awards mit Musik und Künstlern ausführlich vor.
In Clarksdale erreichte ich dann jedoch eines der Highlights dieser Fahrt, das Delta Blues Museum. Hier wird die Geschichte des Blues in vielen Bildern und originalen Gegenständen aus dieser Zeit wieder lebendig. Und hier habe ich auch gelernt, dass die Steel Guitar dazu diente, ehe es elektrische Gitarren gab, auch in lauten Tanzsälen den Ton anzugeben, da sie rund vier bis fünf mal so laut ist wie eine Holzgitarre.
Was mir auf dieser Fahrt auch wirklich aufgefallen ist, ist die erschreckende Armut in den Randbezirken der Dörfer und Städtchen. So zum Beispiel in dem kleinen Ort Helena, der etwas seitlich vom Highway liegt, stehen selbst auf der Hauptstraße des Ortes drei von vier Geschäften leer, alte Tankstellen und Fabriken verfallen zunehmend und man fühlt sich beim Hindurchfahren etwas unwohl und unsicher.