
Natürlich bin ich auch am dritten Tag meiner Reise sehr früh wach, genauer gesagt gegen 3 Uhr ist die Nacht für mich vorbei. Das hilft aber auch, dieses Reisetagebuch für den vergangenen Tag zu schreiben, sich auf den kommenden Tag noch einmal vorzubereiten und sich ganz in Ruhe fertigzumachen.
Heute möchte ich mir einen schon lange gehegten Wunsch erfüllen und das längste noch zusammenhängende originale Stück der Route 66 abzufahren, das sich über etwa 250 km von Mohave Valley bis Ash Fork erstreckt.

Meinen Leihwagen habe ich für 8:00 Uhr bei Avis am Flughafen reserviert, aber natürlich (der frühe Vogel fängt den Wurm) sitze ich schon um 7:00 Uhr an der entsprechenden Stelle des Hotels und warte auf mein bestelltes Uber-Taxi. Der Fahrer ist freundlich, wenn auch der bisher am wenigsten gesprächige überhaupt. Vielleicht ist er ja auch nur noch müde.

Aber es hat sich gelohnt, zeitiger hier zu sein. In ein paar Minuten sind alle Formalitäten für den Leihwagen erledigt und bereits um halb Acht kann ich mein Gepäck ins Auto laden und mich auf den Weg machen.
Den dichten morgendlichen Verkehr von Las Vegas lasse ich bald hinter mir und als ich dann von der Interstate 11 auf den State Highway 95 nach Süden abbiege, habe ich diese lange und oft auf Sichtweite schnurgerade Straße fast für mich alleine. Mit dem Auto habe ich mich schnell vertraut gemacht und die ganzen Assistenzsysteme getestet.

Musikalisch werde ich heute hauptsächlich von Johnny Cash und den Bellamy Brothers begleitet und bald stellt sich wieder dieses angenehme Fahrgefühl mit Cruise Control (Tempomat), seltenen Autobegegnungen und glatten (!) endlosen Straßen ein.

Von Mohave Valley bis nach Oatman schlängelt sich die Route 66 immer weiter ansteigend durch die Black Mountains und natürlich wird auch jedes Schild am Straßenrand ausführlich gewürdigt.

Speziell für dieses Schild hält hier wohl jeder an!

Etwa einen Kilometer vor Oatman werde ich bereits von einem der Einwohner Oatmans angehalten und kontrolliert. Die Vorfahren dieser Esel oder Burrows stammen noch aus der Goldgräberzeit und wurden nach dem Ende des Goldrauschs freigelassen. Seitdem haben sie sich in und um Oatman immer weiter vermehrt. Sie leben wild, sind aber dennoch zahm und lassen sich auch gerne streicheln oder füttern.

Auch ohne Futterspende (im Ort kann man es überall kaufen) darf ich dann passieren.




Diese zutraulichen Eselchen laufen völlig frei im ganzen Ort herum.

Leider hat das mit dem Selfie mit Esel zulange gedauert, da hat er sich schon wieder abgewendet.


Hinter dem Ort geht es dann auf einer kurvenreichen engen Straße hoch hinaus über den Sitgreaves-Pass. Herrliche Aussichten, diverse Kakteenarten an der Seite und einmal sogar eine wohl noch in Betrieb befindliche Goldmine begleiten mich auf dem weiteren Weg bis ins Sacramento Valley.
Bald habe ich Kingman erreicht, das aber nach dem beschaulichen und altertümlichen Oatman auf mich keine besondere Wirkung hat. Dafür gibt es hier zu viele Fast-Food-Läden, Autohändler usw. Selbst im Historic Route 66-District gibt es wenig anzuschauen und ich fahre lieber weiter.


Auf der jetzt immer flacher und gerader werdenden Strecke kommt man irgendwann nach Hackberry, wo besonders der Bereich um den General Store voll mit Zeugen der Vergangenheit ist.

Ein ganzes Stück hinter Hackberry erreiche ich dann Seligman, von wo aus die eigentliche Bewegung, die Route 66 zu reaktivieren, durch den Friseur Angel Delgadillo initiiert, ausging. Leider ist dessen Salon aus Altersgründen mittlerweile geschlossen.

Da ich mittlerweile ziemlichen Appetit habe, verschlägt es mich als erstes in das Roadkill-Café (Wahlspruch: You kill it, we grill it), wo ich mir ein leckeres Steak mit Brokkoli und Mashed Potatoes und eine große hausgemachte Zitronenlimonade munden lasse.


Anschließend wechsele ich die Straßenseite und begebe mich ins Westside Lilo‘s Café, wo es leckeren Käsekuchen gibt und ich in ein Gespräch mit einem deutschen Ehepaar aus Wiesbaden komme, die seit über 40 Jahren jedes Jahr in den USA Urlaub machen.


Ja, die Besitzerin ist unverkennbar eine deutsche Einwanderin!



Nach einem kleinen Spaziergang durch den Ort mache ich mich auf zur Weiterfahrt nach Ash Fork, einem mittlerweile traurig und verlassen wirkenden Ort am Ende dieses Teilstücks der Route 66. Hier wechsele ich dann wieder auf die Interstate 40 und erreiche in einer knappen halben Stunde mein Motel in Williams, wo ich den Tag in Ruhe ausklingen lasse.